Namibia

Smash and grab

Eigentlich sollte dieser Artikel "Besuch bei der Tante" heißen. Diese bewohnt als ehemalige Besitzerin des Geländes ein Haus direkt neben dem Restcamp, auf dessen Zeltplatz wir untergekommen sind. Es befindet sich irgendwo zwischen dem Etosha Nationalpark und Swakopmund. Zur Begrüßung hat sie uns liebenswerter Weise zum Abendessen in das Restaurant des Restcamps eingeladen. Kurz nach acht hörten wir aus Richtung des Zeltplatzes die Alarmanlage eines Autos, woraufhin Anne meinte, ich solle sicherheitshalber mal nachsehen. Auf der campsite war zunächst nichts Auffälliges zu sehen, doch nach einer Umrundung des Wagens offenbarte sich die Misere: Die Scheibe hinter dem Fahrer war eingeschlagen, Glassplitter auf den Sitzen und auf dem Boden verteilt. Nur Lilos Fernglas, ein Geschenk vom Patenonkel Dirk, war von der Rückbank verschwunden. EBook-Reader, Powerbanks , Pässe und Geld waren zum Teil im hinteren Bereich des Autos versteckt, zum Teil relativ einfach erreichbar, da hatten wir wirklich Glück. Es handelte sich eindeutig um einen Fall von Smash and Grab, bei dem die Täter schnell zulangen und genauso schnell das Weite suchen. Begünstigt wurde ihr Vorgehen durch die Tatsache, dass wir die einzigen Camper auf dem Zeltplatz waren.
Mit einem großen Stein und einer Taschenlampe bewaffnet suchte ich die benachbarten Stellplätze ab, aber die Missetäter waren scheinbar über alle Berge. Der Besitzer des Restcamps ist Mitglied des lokalen "District Watch", einer Art Bürgerwehr zur Vermeidung von Diebstahl und Wilderei und leitete umgehend eine Suchaktion ein.
Erst am nachfolgenden Morgen sickerte die Information zu uns durch, dass drei Tage zuvor auf der selben Campsite ein noch dreisterer Diebstahl vorgefallen ist: In der Nacht wurde der Reißverschluss des Dachzeltes der süddeutschen Camper geöffnet und eine Hose der Schlafenden entwendet, in der sich die Wagenschlüssel befanden. Damit konnten Kamera, Geld und Kreditkarten aus dem Auto genommen werden. Auch der Gaskocher und Hygieneartikel, die außerhalb des Wagens standen wurden geklaut.
Vor diesem Hintergrund haben wir natürlich Glück gehabt.
Zumal, wie wir außerdem am Morgen erfahren haben, drei mutmaßliche Delinquenten in der Nacht von der Polizei aufgegriffen wurden, die ein Fernglas und weitere Wertsachen - vermutlich aus dem Besitz der süddeutschen Urlauber - bei sich trugen.
Der hiesige KFZ-Meister mit deutschen Wurzeln hat bereits die Anlieferung der Fensterscheibe aus Swakopmund in die Wege geleitet. Wie lange das dauert, werden wir sehen. Die Polizei hat meine Aussage aufgenommen, vielleicht bekommen wir Lilos Fernglas tatsächlich in den nächsten Tagen zurück. Aber wir sind in Afrika, da weiß man nie.

Letztendlich müssen wir uns eingestehen, dass wir das Fernglas nicht hätten auf dem Rücksitz offen herumliegen lassen dürfen. Ein Fehler, den wir in Südafrika niemals gemacht hätten. Doch hier empfanden wir die Situation als sicher, obschon eigentlich Alles dagegen sprach: Das Gelände liegt in unmittelbarer Nähe eines Dorfes, in diesem Zusammenhang sind die Zäune zu niedrig und keine ernstzunehmenden Hindernisse; dem Zugang zum Restcamp fehlt das sonst obligatorische Eisentor, Sicherheitspersonal ist nicht vorhanden. Da konnten auch die Sträuße, die direkt neben unserem Platz wohnen, wenig ausrichten.